Mischwaldprogramm
Die Mischwaldentwicklung hat im Berliner Grunewald eine lange Tradition. Zwar sind auch heute noch weite Teile des Grunewaldes durch einschichtige Kiefernreinbestände geprägt, jedoch zeugen einzelne alte Laubbestände von ersten Umbauaktivitäten vor mehreren hundert Jahren.
Ein Beispiel dafür sind die sogenannten „Mortzfeldt’schen Löcher“. Im Umkreis des Grunewaldturms kann der aufmerksame Waldbesucher sie entdecken – mehrere inselartig angeordnete, im Radius 20 bis 30 Meter große, kreisrunde alte Laubholzbestände aus Eichen oder Buchen. Zurückzuführen sind diese Laubholzinseln auf den im 19. Jahrhundert tätigen Oberforstmeister Justus Erdmann Samuel Ulrich Mortzfeldt. Bereits damals war der Anteil der Kiefer im Berliner Grunewald sehr hoch. Grund war die intensive Nutzung des Waldes im 18. Jahrhundert. Stetige Holzentnahme und die Förderung der Wildbestände zur intensiven jagdlichen Nutzung führten dazu, dass Laubbaumarten fast gänzlich verdrängt wurden. Ziel des Oberforstmeisters war es, die Kiefernforste mit Laubbäumen zu durchsetzen, um die Monokulturen aufzubrechen und die Wälder wieder ästhetischer zu gestalten. Dem Oberforstmeister zu Ehren werden diese Laubholzinseln „Mortzfeldt’sche Löcher“ genannt.
Blick auf ein Mortzfeldt’sches Loch im Kiefernbestand des Grunewalds (Planungsbüro Förster)
Lange Zeit standen bei der Mischwaldentwicklung vor allem die Stabilität der Waldbestände, die Förderung der Naturnähe und die Schaffung ästhetischer Waldbilder für die Erholungsnutzung im Vordergrund. Mit dem Klimawandel kommt dem Umbau zu Mischwäldern eine weitere Bedeutung zu: die Anpassung der Wälder an die veränderten Klimabedingungen.
Bereits heute sind die alten, einschichtigen Kiefernreinbestände durch Insekten, Pilze, Trockenheit, Sturm und Frost in ihrem Bestand gefährdet. Die für den Raum Berlin prognostizierten klimatischen Veränderungen (längere Trockenperioden im Sommer, Verschiebung der Niederschläge in das Winterhalbjahr, häufigere Starkniederschläge etc.) verschärfen diesen Umstand zusätzlich. Um die Waldbestände zu stabilisieren, werden sie mit heimischen Laubbaumarten wie Eiche, Linde, Ulme, Birke und Buche unterbaut. Mit dem Anbau verschiedener Baumarten wird das Risiko für Kalamitäten breiter gestreut. Ziel ist ein stabiler, klimagerechter, naturnaher, strukturreicher und standortgerechter Mischwald.
Der Waldumbau sichert nicht nur die nachhaltige Stabilität der Berliner Wälder, sondern leistet auch einen Beitrag zur Anpassung Berlins an die veränderten Klimabedingungen. Unter Laub- und Laubmischwäldern fallen deutlich höhere Sickerwassermengen an als unter reinen Nadelholzbeständen. Mit der Mischwaldentwicklung wird deshalb auch ein erheblicher Beitrag zur Stabilisierung des Landschaftswasserhaushalts geleistet. Dieser Aspekt ist für die Großstadt Berlin im Zuge zunehmender Trockenheit von besonderer Bedeutung.
Seit dem Jahr 2012 wird die Mischwaldentwicklung durch das Mischwaldprogramm als Teil der „Strategie Stadtlandschaft“ vom Land Berlin finanziell gefördert. Der Grunewald wurde aufgrund des hohen Umbaubedarfes als ein Referenzprojekt für das Mischwaldprogramm ausgewählt. Seit 2012 wurden hier mit den Mitteln des Mischwaldprogramms bereits mehr als 200 ha Wald umgebaut. Ziel der Berliner Forsten ist es, die Wälder bis 2050 „klimafit“ zu machen.