Geschichte der Jagd
Von Historikern werden immer wieder zwei Gründe für den Kauf der damals „Mutzschener Heyde“ durch Kurfürst August I. 1565 angegeben. Zum einen hat die maßvolle Nutzung des Waldes die ökonomische Macht des Hauses Wettin gefestigt, zum anderen konnten der Wermsdorfer Wald zu Befriedigung der Jagdlust der Wettiner genutzt werden. Das alte Jagdschloß in Wersmsdorf, welches den Ausgangspunkt für die landesherrschaftlichen Jagden in diesem Gebiet darstellte, wurde 1617 errichtet. Aufgeschoben durch die Wirren des 30-jährigen Krieges erreichte das Gebäude erst 1685 seine Zweckbestimmung als Jagdschloss. Bis zu Einführung der Parforcejagd 1699 in Wermsdorf wurden in Wermsdorf überwiegend eingestellte Jagden sowie Sauhatzen durchgeführt. Bereits unter August dem Starken reichten die Räumlichkeiten nicht mehr aus, um Parforcejagden mit bis zu 300 Treibern und 200 Hunden durchzuführen, sodass 1721 der Bau der heutigen Hubertusburg beschlossen wurde. Glanzvolle Jagden mit adeligen Gästen aus ganz Europa nahmen nun im Jagdschloss ihren Anfang und luxuriöse Feste in der Hubertusburg krönten ihr Ende. 1740/41 wurden durch König August III. neue Jagdalleen im Wermsdorfer Wald angelegt, die bis heute das Wegenetz bilden.
Die Plünderung der Hubertusburg 1761 im Siebenjährigen Krieg und die hohen Staatschulden Kursachsens schränkte die Ausübung der Parforcejagd im 19. Jahrhundert stark ein. Letztlich fand 1826 die letzte Parforcejagd in Wermsdorf statt. Der Wald blieb weiterhin Hofjagdrevier der Wettiner. Bis zur Ausrufung des Freistaates 1918 weilten die Sächsischen Könige gelegentlich zu Jagdaufenthalten in Wermsdorf. Nach Einstellung der Parcorcejagd wurde der Totalabschuss von Rot- und Schwarzwild festgelegt. Hauptwildart war nun das Rehwild und die unter königlicher Beteiligung durchgeführten Jagden hatten mehr den Charakter einer Niederwildtreibjagd. Für das Jagschloss Hubertusburg und den Wermsdorfer Wald ging mit dem Ende der Parforcejagd eine glanzvolle Periode zu Ende. Während dieser Zeit war Wermsdorf mit seinen Schlössern ein jagdliches, aber auch ein politisches Zentrum für Mittel- und Osteuropa.
Zu Zeiten der DDR gewann die Jagd im Wermsdorfer Wald wieder an Bedeutung. Jagdrecht und Jagdausübungsrecht wurden völlig vom Grundeigentum getrennt. Der Jagdgesellschaft Hubertusburg, die für den Wermsdorfer Wald zuständig war, wurden drei Jagdgebiete mit einer Fläche von insgesamt 6.674 ha zugeordnet. Dieser Jagdgesellschaft gehörten 42 Mitglieder an. Ziel der Jagd in der DDR wurde die Erhöhung des Aufkommens von Wildbret und von jagdlichen Ressourcen (Trophäen). Entsprechend wurde im Sinne der „Mehrartenwirtschaft“ Ende der 60er Damwild im Wermsdorfer Wald eingebürgert. Mit der Wende wurde das Jagdrecht wieder an Grund und Boden gebunden. In dieser Zeit mussten die deutlich überhöhten Wildbestände im Sinne der Forst- und Landwirtschaft zunächst reduziert werden. In diesem Zuge wurde der Totalabschuss des Damwilds beschlossen. Von 1993 bis 2002 wurden auf einer Jagdfläche von ca. 12.000 ha 678 Stück Rotwild, 428 Stück Damwild, 4.125 Stück Rehwild und 3.653 Stück Schwarzwild erlegt.
Auch die Jagd spielt heute noch eine wichtige Rolle, allerdings mit dem Ziel der Anpassung der Schalenwildbestände – hier Rotwild und Rehwild – auf ein für die naturnahe Waldbewirtschaftung verträgliches Niveau. Als Ergebnis einer effektiven jagdlichen Strategie und deren konsequenten Umsetzung im Wermsdorfer Wald betrug hier beim letzten Wildschadensmonitoring das Verbissprozent der Hauptbaumarten unter 10, Neuschäle trat nicht auf. Dadurch ist es möglich, dass sich durchschnittlich mehr als 70 Prozent (bei Eiche 60 Prozent) der Kunstverjüngung ohne Zaunschutz etablieren lässt. Die Waldumbaufläche im Wermsdorfer Wald beträgt jährlich rund 30 Hektar (die Hälfte davon Eiche).
Schwarzwild wird schwerpunktmäßig auf revierübergreifenden Jagden im Herbst-/Winter bejagt. Zur Unterstützung der dafür erforderlichen gut ausgebildeten und verhaltensangepassten Jagdhunde aller Jäger wurde vom Forstbezirk ein Schwarzwildgatter im Osten des Wermsdorfer Waldes errichtet und 2015 an den Landesjagdverband Sachsen e.V. zum Betrieb übergeben (Sauwildgatter Seelitz; siehe https://www.smul.sachsen.de/sbs/4699.htm).
Eine moderne Jagdgesellschaft vor der historischen Kulisse der Hubertusburg.
Auch heute noch wird diese als Ausgangspunkt für Gesellschaftsjagden genutzt.
Das außergewöhnliche Wegenetz des Wermsdorfer Waldes, welches den gesamten Wald noch heute in gleichmäßige Rechtecke einteilt, geht auf die Zeit der Parforcejagd zurück. Als Grundlinie für die Neuvermessung der Wege diente damals die Fluchtlinie vom Dachreiter des Schlosses Hubertusburg zum Turm des Domes von Wurzen – die heutige Straße nach Sachsendorf. Auch heute noch dient die beeindruckende Jagdresidenz Hubertusburg als Ausgangspunkt traditioneller Gesellschaftsjagden des Staatsbetriebes Sachsenforst nach waidmännischem Brauchtum. Ebenso wird vor der Kulisse des Wermsdorfer Waldes die bereits benannte Schlepp- bzw. Parforcejagd vom Reit- und Fahrverein Wermsdorf e. V. mit regem Zulauf der Bevölkerung regelmäßig zum Leben erweckt. So wird die historisch geprägte Jagdtradition und damit auch die Kulturgeschichte bis in die Gegenwart getragen, was auch der jüngst bislang teuerste Neuerwerb des Pariser Jagd- und Naturkundemuseums (Musée de la chasse et de la nature) zeigt. Dieses erwarb zu Beginn des Jahres 2017 das Gemälde „Jagdpause im Wermsdorfer Wald“ von Ferdinand von Rayskis (1859), um es in der Ausstellung „Jagdszenen in Deutschland“ präsentieren zu können.
Die große Schleppjagd in und um dem Wermsdorfer Wald zieht alljährlich viele Besucher an
und dient dem Erhalt von Jagdtradition und Kulturgeschichte.
(Foto: Andreas Schmidt)
„Jagdpause im Wermsdorfer Wald“ von Ferdinand Rayskis (1859).
Zu erkennen ist, dass der Wermsdorfer Wald auch zu dieser Zeit
zumindest in Teilen noch durch devastierte Laubbestände geprägt war.